POP
Rodney Crowell
TARPAPER SKY
New West/Watnet CD
(42’)
Auch als LP erhältlich
Nach dem Grammy für „Old Yellow
Moon“ mit Emmylou Harris („best
Americana album“) schwelgt Rod-
ney Crowell bei diesen über die
letzten Jahre komponierten elf
Songs in Erinnerungen - in trau-
rigen, sehr sentimentalen, selten
auch mal glücklichen, wie die Titel
signalisieren („God I’m Missing
You“, „The Long Journey Home“, „I
Wouldn’t Be Me Without You“). Das
ganz exquisit von Mandoline, Pedal
Steel und Dobro (Jerry Douglas)
begleitete, Guy Clark gewidmete
„The Flyboy & The Kid“ ist sein
„Forever Young“ und einer seiner
größten Songs. Fast schlackenloses
Meisterwerk!
F. Sch.
MUSIK
k k k k i
KLANG ★
______________
Elaiza
GALLERY
Heart of Betlin/Univetsal CD (auch als LP)
(44’)
Vor ein paar Wochen noch Nieman-
de, dann über Nacht im Spotlight.
Nach ihrem wundersamen W ild-
card-Sieg beim ESC-Vorentscheid
(und der weniger gloriosen Teilnah-
me beim Endkampf in Kopenhagen)
nutzen Elaiza die Gunst der Stunde
und zeigen, dass sie außer dem
Volltreffer „Is It Right“ noch weitere
Ohrwurmpfeile im Köcher haben.
Ein ums andere Mal punkten sie mit
einem ansteckenden Mix aus slawi-
scher Folklore und eingängigen Pop-
melodien. Im Klangzentrum steht
dabei neben Quetschkommode und
Zupfbass vor allem die Stimme von
Ela Steinmetz, die einen mit ihrem
überbordenenden Temperament
schnell gefangen nimmt.
hake
MUSIK ★
1
^ ^ ^ ^ ^ ^ ^
KLANG ★
______________
Ben & Ellen Harper
CHILDHOOD HOME
Universal CD
(34’)
Auch als LP geplant
Der Großvater, der das Folk Music
Center and Museum im kaliforni-
schen Claremont gegründet hatte
(zu dem einst auch die blutjungen
Ry Cooder, Taj Mahal und David
Lindley pilgerten), ist die Inspi-
ration hinter diesen akustischen
Folksongs. Auch wenn „Memories
Of Gold“ (Titel eines Songs), verklä-
ren diese die Vergangenheit doch
nicht romantisierend. Sentimental
jedoch klingen die Erzählungen
dann doch schon mal, wenn und
wie Harper auf dem Schoß seine
Weissenborn slide spielt. Bei „Born
To Love You“ und „City Of Dreams“
- bester Song - finden Mutter und
Sohn zu größter Harmonie.
F. Sch.
MUSIK ★
t k
KLANG k k k ★
Bisweilen schwer erträglich
Geschwätzig und sachlich nicht immer korrekt:
Die Autobiografie von Graham Nash enttäuscht
Neil Young kommt in den Memoiren
nicht immer gut weg. Fast neben-
bei erfahren wir in wenigen Zeilen,
wie Young 1972 während einiger
Proben auf seiner Ranch den Crazy
Horse-Gitarristen Danny Whitten
(Komponist des Ohrwurms „I Don’t
Want To Talk About It“) mit einer lä-
cherlichen Abfindung von 50 Dollar
fristlos feuerte. Davon habe sich
Whitten als Nächstes von seinem
Dealer Heroin gekauft, um dann
sofort an einer Überdosis zu ster-
ben. Schlussfolgerungen bezüglich
moralischer Mitschuld am Tod des
Gitarristen überlässt Graham Nash
dem Leser.
Die Kokain-Orgien des Kollegen
David Crosby schildert er nicht in
milderem Licht. Der Modedroge war
er eingestandenermaßen selber
lange sehr zugetan. Nicht so aus-
führlich thematisiert er den Grou-
pie-Verschleiß der „super group“
Crosby, Stills & Nash auf Tourneen,
brüstet sich aber auch zwischen-
durch gern mit der Behauptung,
dass er viele weibliche Fans damals
nicht lange erobern musste. Dass
Stephen Stills der talentierteste
Musiker des Trios war, stellt Nash
nicht in Abrede.
Was die Lektüre dieser Erinne-
rungen bisweilen schwer erträglich
macht, ist weniger das Fehlen aller
literarischen Ambitionen (Nash
hätte definitiv einen kompetenten
Ghostwriter engagieren sollen) als
vielmehr eine umgangssprachliche
Geschwätzigkeit, mit der er sich
permanent als Singer/Songwriter
ins beste Licht zu rücken versucht.
Die vielen Joints und Kokain-Linien
haben sein Erinnerungsvermögen
zumindest so weit getrübt, dass
manche Behauptungen speziell
über
die
frühen
Hollies-Jahre
schlicht nicht zutreffen. Über die
Aufnahmepraxis beim Parlopho-
ne-Label heißt es da: „Die Hit-Ma-
schinerie lief dort wie geschmiert,
es ging alles nach Schema F, und
Graham Nash: W ild Tales -
Ein Rock ‘n‘ Roll-Leben (Edel Books),
374 Seiten, Preis: 22,95 Euro
so wurden auch wir verwurstet.“
Talent-Scout Ron Richards soll die
Band damals gelockt haben mit
dem Satz: „Kommt zu EMI und
nehmt eine richtige, vierspurige
Platte auf.“
Spätestens solchen Unfug hätte
das Lektorat bei der deutschen Aus-
gabe nie durchgehen lassen dürfen.
Im Übrigen hätte man gern mehr
darüber gelesen, wie der 15-jäh-
rige Graham Gouldman damals
fabelhafte Hits wie „Bus Stop“ und
„Look Through Any Window“ für die
Hollies aus dem Ärmel schüttelte.
Franz Schöler
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
Sophie Zelm ani
GOING HOME
Oh Deat Recordings/Cargo CD
(56')
Wenn eine Musikerin alte Songs
neu aufnimmt, liegt die Vermutung
nahe, dass ihr nichts Neues ein-
gefallen ist. Zumal sich die neuen
Interpretationen von den alten kaum
unterscheiden. Sicher - Sophie Zel-
manis Stimme klingt mittlerweile
etwas reifer, und der Duktus der
Begleiter wirkt moderner, aber die-
se Nuancen fallen nur im direkten
Vergleich auf. Sei’s drum: Selbst
Kenner ihrer CDs werden sich den-
noch gern umschmeicheln lassen
von diesem scheuen, introvertierten
Gänsehaut-Pop, den Produzent Lars
Halapi wieder mit bezaubernd kar-
gen Arrangements ausgestattet hat
und der an eine geflüsterte Ausgabe
der frühen Dire Straits erinnert.
pb
MUSIK ★
KLANG ★
______________
Chrissie Hynde
STOCKHOLM
Caroline CD (auch als LP geplant)
(38’)
Ein „break-up album“ sei das in kei-
ner Bedeutung des Begriffs, erklärt
sie im Pressewaschzettel. Chrissie
Hyndes Ehrgeiz sei es diesmal
gewesen, „ein Power-Pop-Album
zu machen, zu dem man auch tan-
zen kann - a la Abba meets John
Lennon.“ Gemessen an großem
Power Pop von Badfinger bis Todd
Rundgren klingt das - bis auf das
Intermezzo „Down The Wrong Way“
mit Neil Young als Gast - allerdings
eher dürftig. Mehr wie im Studio
ad hoc ausprobierter, ganz dezent
„schwedischer“ Europop. Wobei
das bedächtige „Tourniquet“ mit
Anklängen
an
Spaghetti Wes-
tern-Soundtracks gänzlich aus dem
Rahmen fällt.
F. Sch.
MUSIK
KLANG k k k
STEREO 7/2014 137
vorherige seite 137 Stereo 2014-07 lesen sie online nächste seite 139 Stereo 2014-07 lesen sie online Nach hause Text ein/aus